Türstopper's Journal, 16 Oct 21

Ich musste mir heute etwas eingestehen... Mein Verhältnis zu Essen ist nicht das, was ich mir wünsche.

Ich war schon immer schlank, mit meinen 1,80 und 62-64kg habe ich es seit meiner Kindheit an dem gekratzt, was man laut BMI als leichtes Untergewicht bezeichnen würde. Aber ich war fit und gesund, konnte fressen wie ein Scheunendrescher und damit war alles paletti.
2016 wurde dann mein Sohn geboren und mit dem Sport wurde alles etwas schwieriger. Ein paar Pölsterchen sammelten sich, aber nichts, was mich wirklich störte. Das Gewicht ging meines Wissens nach von stabilen 62 auf 64 hoch, was mich aber auch nicht störte. Ich habe auch nie exzessiv auf mein Gewicht geachtet -- mein Körper weiß schon, was er braucht!
Letztes Jahr in meiner dritten Schwangerschaft kletterte ich auf einen neuen Gewichtshöchststand für mich und fand mich auch drei Monate nach der Geburt bei 68kg wieder. Ich weiß, alles eigentlich noch immer kein Drama, aber das war für mich nicht mehr akzeptabel. Das ist nicht mein Gewicht, die Corona/Babypfunde mussten purzeln.
Also zählte ich zum ersten Mal in meinem Leben Kalorien. Und mit Erfolg, von Januar bis Ostern hatte ich die 6 Kilo bis zur angestrebten 62 weg, und da ich nicht vorhatte, auf lange Sicht weiterzuzählen, machte ich einfach ohne Waage und ohne Zählen weiter, mit dem Ziel, auf 60 zu landen um einen kleinen Puffer zu haben, wenn es nach der Diät wieder nach oben gehen sollte. Ich war ohnehin gerade ein wenig genervt von einem Plateau und wollte den Druck rausnehmen.
Nach einigen Wochen stellte ich mich wieder auf die Waage und erwartete, mich wieder bei 64 zu finden. Schließlich hatte ich mich etwas gehen lassen.
Pustekuchen. 58! Wann hatte ich jemanls so wenig gewogen?
Mein Logikhirn nahm sich vor, dass es nun absolut nicht tiefergehen sollte, aber insgeheim war ich stolz darauf, es so weit nach unten geschafft zu haben und hatte Angst, unkontrolliert zuzunehmen, wenn ich mich nun aktiv wieder Richtung 62 bewegen würde. Also aß ich entgegen meines Vorsatzes nicht wirklich mehr.
Inzwischen pendle ich zwischen 55,8 und 56,5, obwohl ich mich gefühlt nicht einschränke und den ganzen Tag über snacke. Aber halt hauptsächlich kalorienarmes Zeug wie Rohkost oder eiweißhaltige Sachen (die mir auch super schmecken; ich will meine Rohkost und meinen Quark zum Frühstück nicht aufgeben!). Aber ich kriege die Kalorienzahlen nicht mehr aus dem Kopf! Ich wünschte, ich wüsste nicht mehr, was wieviel "kostet", denn ich befürchte, dass ich diese Sachen noch immer meide. Zwar nasche ich auch, ich zähle nicht mehr, aber ich erwische mich immer wieder dabei, die genaschten Kalorien nachher doch zu "verbuchen" und woanders dann weniger zu essen. Eigentlich mag ich meine nun wieder sehr schlanke Figur auch und bin froh, die Mama-Schenkel los zu sein.
Aber nun kommt der Punkt, der mich zum Denken brachte. Meine Tochter wurde heute 1 und meine Periode ist noch nicht wieder da. Da ich sie viel stille, muss das nichts bedeuten (die letzten Male kam trotz weniger Stillen die Periode auch erst nach fast 12 bzw. gut 9 Monaten zurück), aber es brachte mich zum Denken. Und siehe da, mein aktuelles Gewicht von 56 ist genau die Grenze zum kritischen Untergewicht, ab der man als magersüchtig gilt und die Periode ausbleiben kann. Und was weiß ich, wie ich meinem Körper noch schade! Ich versuche nun also, wieder ehrlicher mit mir selbst zu sein. Nicht mehr insgeheim die Kalorienzufuhr zu beschränkrn unter der Ausrede, mich ja doch nicht einzuschränken. Mein Ziel sind nun erst einmal 58kg und ich hoffe, wenn ich mir beweisen kann, dass ich es dort halten kann, ohne die Kontrolle zu verlieren, dass ich dann den Mut finde, auf mein altbewährtes und nie bewusst angepeiltes und doch immer sichere Gewicht von 62 zurückzufinden.
Meine Fresse... Ich und essgestört? So wollte ich mich nie bezeichnen. So ganz treffend finde ich den Begriff auch noch nicht, aber ich merk, dass ich auf dem besten Weg dahin bin. Aber genug ist genug!
Drückt mir die Daumen, dass ich mein ungesundes Verhältnis zum heimlichen Kalorienzählen wieder beenden kann. Ich möchte so gerne wieder unbeschwert und gedankenlos Essen und das Vertrauen in meinen Körper zurückfinden, dass er weiß, was er tut. Das ist nun aber erst einmal geschädigt, dadurch, dass ich gesehen habe, dass er eben doch über mein persönliches Normalgewicht hinausgehen kann.

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Comments 
Danke für deine Offenheit und diesen Text.Und ja du schaffst das! 🌈 
16 Oct 21 by member: Bakumis.🖇️
wow - Respekt für deinen Mut zur Offenheit 🤗 und alles Liebe für deinen Weg 💕  
16 Oct 21 by member: 0MaschaBee0
Sehr offen geschrieben! Ich hoffe, dass Du den richtigen Weg findest! 
16 Oct 21 by member: leezah79
Ich finde es gut, dass du dich reflektierst und dir Gedanken machst. tu dir bitte einen Gefallen und such dir Hilfe, wenn du da nicht alleine raus kommst 🙏.Alles gute 👍 
16 Oct 21 by member: dara1511
Toll...du siehst das ungeschönt und mit einer gewissen Logik...auch wenn der Kopf es nicht so ganz begreift. Genau diese Logik kann dir sehr behilflich sein das anzugehen. Deine Zellen brauchen Energie, sonst funktioniert dein Körper nicht richtig. Vielleicht suchst du dir begleitend Hilfe...wo du Fragen stellen kannst. Ansonsten glaube ich...das du es selbst gut hinbekommen wirst 👍Alles Liebe für dich 🤗 
16 Oct 21 by member: sjw*
Danke für eure unterstützenden Worte. Ihr seid, wie sich mal wieder zeigt, echt eine tolle Community! Momentan bin ich noch ganz zuversichtlich, mich fangen zu können, bevor es zu spät ist. Mit einem festgelegten Ziel vor Augen fühle ich heute auch endlich wieder Motivation was zu verändern! Und es ist ja nur ein Babystep von 2 Kilo. Kann ja so gruselig nicht sein 😅 
17 Oct 21 by member: Türstopper
Wie wäre es damit aktive Kalorienzählen zum zunehmen zu nutzen? nicht viel, jedoch genug, dass du Wieder an die Untergrenze des Normalgewicht kommst? Indem du es aktiv tust, ist es voll deine eigene Entscheidung und alles unter deiner Kontrolle und du kannst in dem Moment aufhören, wo es dich anfängt zu stören. Ich nehme unter Stress immer rapide ab und verliere dann ca 50% meiner Kurven, was mich persönlich stört. Da ich aber etwas Respekt davor habe in meine Teenager Dicklichkeit zu rutschen, zähle ich hier Kalorien um ein vernünftiges Verhältnis von Kalorinbedarf zu bekommen. Also Kopf hoch und nimm es selber in die Hand! Ich drücke dir die Daumen! 😄 
17 Oct 21 by member: maria-steph
Finde es sehr interessant, dass du deinen Kopf und Körper so - für mich nachvollziehbar - analysiert hast. Danke, dass du das mit uns teilst ❤️. Das zeigt, dass man wirklich daran arbeiten muss, egal ob man abnehmen, halten oder zulegen möchte. So wie du dich bereits durchschaut hast, glaube ich fest daran dass du einen Weg für dich findest 👍. Drück dir die Daumen 🤗 
17 Oct 21 by member: Ramisa1
Dein Text hat mich sehr berührt. Ich bin zwar mit 18 noch lange keine Mutter, aber fühle mich von vielem was du geschrieben hast sehr angesprochen. Ich war immer klein und dünn, habe nie wirklich Sport gemacht und war für süßes immer zu haben... Trotzdem habe ich nie zugenommen und war auch eher an der Untergrenze des BMI. Ende 2019 habe ich dann Angefangen mit Homeworkouts und im Mai 2020 habe ich angefangen zu tracken, einfach um mehr Erfolg zu sehen. Mein Startgeeicht war irgendwo bei 54kg (ich bin 1,68m). Aufgrund von Social Media wollte ich unbedingt meine Bauchmuskeln sehen, hungert mich immer weiter hinunter. Im Juni habe ich dann an den meisten Tagen deutlich unter 1000 kcal gegessen und war mir nicht bewusst was ich mir antue. Ich konnte mit dem Tracken nicht aufhören, erhöhte aber zumindest nach und nach etwas meine Kalorien. Als ich mich um den Jahreswechsel wog, ging die Wge zum ersten Mal unter 50 kg. Ich war geschockt, wollte zunehmen hatte aber auch unglaublich Angst davor. Dann habe ich etwas von 'Reverse Diet' gehört und es ausprobiert, mittlerweile wiege ich wieder 54-55kg, fühle mich wohl und esse wieder 'besser'. Zwar fällt es mir immer noch schwer mit dem Tracken aufzuhören, aber Schritt für Schritt hoffe ich auch das zu schaffen. Ich weiß nicht wie sehr es dir hilft, aber eine Reverse Diet ist wöchentlich (oder alle 2 Wochen) 50-100 kcal täglich mehr zu essen. So kann sich der Körper langsam gewöhnen und man nimmt auch nicht rasant zu. Liebe Grüße!  
17 Oct 21 by member: annaluisekoch
Das mit dem Reverse Dieting hatte ich damals als Plan, um die Diät langsam ausklingen zu lassen. Für mich war es aber befreiender, einfach gar nicht mehr zu zählen. Und auch um jetzt zuzunehmen, will ich Zählen gerne vermeiden, da mein Kontakt mit den Kalorienangaben ja für mich einer der Übeltäter ist, der mir den Spaß am Essen versaut. Allerdings kann ich heute, nach meinem ersten Tag mit Ziel Aufwärts sagen: Ich glaube, ich habe rechtzeitig die Kurve gekratzt. Habe unbeschwert gefuttert und etwas mehr gesnackt, tatsächlich komplett ohne schlechtes Gewissen den Topf ausgeleckt und bin gesapnnt, was die Waage in einer Woche zeigt wenn ich die erste Kontrollmessung mache. :)  
17 Oct 21 by member: Türstopper
Das freut mich sehr, jeder ist anders und ich bin froh, dass du deinen Weg zu finden scheinst. Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg und ganz viel Kraft!!  
17 Oct 21 by member: annaluisekoch

     
 

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